Narziss und Goldmund

Narziss und Goldmund - 4. Anmerkungen

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1) "Das Selbst" ist eine andere Instanz im Bewusstseinsfeld des Menschen als das Ich. Das Selbst kreiert zum Beispiel das Bildnis der Götter als die Vorstellungen von dem, was sich die Menschen vom letzten Geheimnis des Lebens machen.
2) "Narziss und Goldmund - Lebensentwürfe" war das Thema eines Hesseseminars auf dem Hesselberg im November 2008. Ich danke den TeilnehmerInnen für das Engagement, mit dem sie zum Gelingen beigetragen haben.
3) Nach C.G. Jung stellt die Urmutter einen Archetypus des kollektiven Unbewussten dar.
4) Schon im Ofterdingen-Romanfragment von Novalis ist der Traum die Wurzel der inneren Suche. Heinrich sieht die blaue Blume im Traum und folgt dann ihren Winken im Leben. Hesse wurde in dieser Sichtweise auch durch die Therapie bei C.G.Jung bestärkt und hat das Malen während seiner ersten Therapiestunden angefangen.
5) Die "Persona" ist nach Jung das falsche Ich, das der Mensch aufbaut, um sich an die Erwartungen der Umwelt aufzubauen. Die Kräfte des Ichs werden erst frei, wenn die Persona ihre Maske absetzt. 
6) Jede "Persona" wirft einen Schatten. In diesem Schatten siedeln sich die unliebsamen und verdrängten Aspekte des Ichs an. 
7) Der Mensch wird zum Künstler berufen. Was er daraus macht, bleibt ihm überlassen. Nicht jeder künstlerisch begabte Mensch ist der konstanten täglichen Arbeit gewachsen, die nötig ist, um das Können zu üben.
8) Selbstverwirklichung im Sinne Hermann Hesse hat wenig mit einem Ego-Trip zu tun. Der Künstler verwirklicht nicht sein Ego, sondern er bringt ins Leben, was er geschaut und erlebt hat. Wie schon gesagt, darf der Begriff "Selbst" nicht mit dem des Ich / Ego verwechselt werden.
9) Der Künstler steht in einer besonderen Verbindung zum Unbewussten. Er ist in der Lage, leer im Geist zu werden und rein, d.h. ohne Beimischung des Egos, die Impulse zu empfangen, die aus der Traumwelt zu ihm sprechen. Man lese nach, wie der Erzähler Goldmund beschreibt, als dieser das Bildnis von Narziss zeichnet (S.162 f. der Ausgabe im Text der BasisBibliothek Suhrkamp). In dieser Öffnung des Bewusstseins findet auch eine Vertiefung und Auswahl statt. Der Künstler empfängt nicht nur die Traum- oder Intuitionsgebilde, sondern er klopft sie ab in Richtung auf Gesetzmäßigkeit und Archetypik. Erst durch diese "Bearbeitung" werden subjekten Gebilde allgemein ansprechend.

 

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